06:45 Pünktlich stehen wir in der Hotellobby auf der Matte und warten auf unseren Fahrer, der uns abholen soll.
06:55 Auf unserem Ticket steht 7:00 Uhr drauf. Irrtümlicherweise gingen wir davon aus, dass um diese Zeit unser Boot losfahren würde. Genannte Uhrzeiten sind hier wohl alle nur als Richtwerte zu nehmen. Unser Van ist immer noch nicht da. Die werden doch auf uns warten? Hoffentlich.
07:11 Warum halten wir uns eigentlich immer noch an die gegebenden Zeiten? Egal, unser Minivan ist da, jetzt geht es los!
07:35 Wir halten einige Male an paar Hotels und es steigen noch weitere Leute ein. Darunter auch ein älteres deutsches Ehepaar.
07:50 "FAHRT ENDLICH WEITER! So eine Unverfrorenheit! Ich habe hier keine Heringe in der Büchse bestellt!"
Der Deutsche, von uns ganz kreativ "Mecker-Opa" genannt, brüllt durch den Van. Die Leute drehen sich um, wir machen uns ganz klein. Sehr, sehr peinlich und unangenehm.
08:05 Nachdem wir dieselbe Straße drei Mal entlang gefahren sind und der Fahrer ein bestimmtes Hotel wohl nicht finden konnte, geht es endlich Richtung Landstraße.
Boot, wir kommen!!!
09:20 Es hat tatsächlich länger gedauert, zum See zu gelangen. Das hatten wir gar nicht gedacht, aber endlich halten wir. Unser Gepäck wird auf das Schiff geschafft, alle Passagiere finden einen Sitzplatz (wirklich nur Touristen auf dem Boot). Es kann losgehen!!!
10:03 Das hat wirklich nicht lang gedauert, und schon stehen wir. Während der Trockenzeit diese Bootsfahrt zu machen, ist wohl nicht ganz so simpel.
10:44 Wir stehen immer noch, kommen nicht vorwärts. Trotz vieler Versuche, uns mithilfe eines Miniboots rauszuziehen, kommen wir nicht voran.
Warum der Captain nicht anruft, um Hilfe bittet und wir warten, bis jemand kommt, ist uns noch nicht ganz klar. Zumal wir noch nicht mal weit gekommen sind. Aber was wissen wir schon. Er macht das schon seit Jahren.
10:56 Mittlerweile kam noch ein Boot, um uns "anzuschieben". Haben uns jetzt sogar schon 2 Meter bewegt!
Der Kapitän rennt hin und her, ruft und brüllt. Super Situationskomik.
Stehen trotzdem immer noch. Ob das wirklich so gut für das Boot ist, die ganze Zeit über den Boden zu schrammen?...
11:04 Nächster Versuch. Fehlgeschlagen.
Sehr wahrscheinlich werden wir nicht vor Sonnenuntergang da sein. Beide Boote ziehen jetzt unseres. Das Mädel vor mir hat gerade angefangen, einen Krimi zu lesen. Vielleicht frage ich sie, ob sie mir es danach ausleihen kann. Werden ja noch eine Weile auf dem Boot verbringen, haha.
11:16 Jetzt eine andere Idee! Die Passagiere werden nun aufgeteilt und kommen auf das Boot, welches als zweites zu Hilfe kam. Vielleicht nicht die schlechteste Idee.
11:25 Nächster Versuch. Fehlgeschlagen.
Soeren und ich überlegen, wie man das Schiff meutert. Wir haben von allen bestimmt das meiste Proviant dabei!
Der Captain hat die Hosen fallen lassen. Kein Akt der Verzweiflung, sondern er geht mit ins Wasser.
Da stellt sich die Frage: Schreiben wir gerade für unseren Blog oder unsere Memoiren?
11:42 Nächster Versuch. Fehlgeschlagen.
Soeren:"Wir müssen schnell sein, wenn es darum geht, sich um die Schlafplätze zu streiten."
Das Boot mit der anderen Hälfte der Passagiere steht einige Meter von uns entfernt und sieht uns zu. Erinnert stark an die Szene in Titanic: Halbvolle Rettungsboote, die der Titanic beim Untergehen zusehen.
Blöder Vergleich?
11:57 Passagiere werden wieder zusammen geführt.
S: "Wenn wir sinken, dann alle zusammen."
12:01 Nächster Versuch. Wir fahren. Tatsächlich! Mal schauen, wie lang.
12:02 Nicht lang. Schade.
Spätestens zur nächsten Regenzeit kommen wir hier weg! Erstaunlicherweise sind alle ruhig und gut gelaunt bisher. Wir sitzen nun tatsächlich nicht mehr auf, allerdings steigt eine dicke schwarze Rauchwolke aus dem Motor auf. Die Dauerbelastung der letzten Stunden rächt sich nun.
12:10 Und es passiert, woran niemand mehr gedacht hätte. Der Captain ist am Telefon und versucht, jemanden zu erreichen.
12:45 Wir stehen immer noch.
Totenstille auf dem Boot.
Darf man das in solcher Situation eigentlich sagen?
13:00 Captain telefoniert wieder. (Übrigens: Wir stehen immer noch.)
In einer Stunde soll das Boot kommen. In gebrochenem Englisch sagt er "sleep" und macht es sich auf unseren Rucksäcken gemütlich.
13:40 Doch schneller als erwartet: Umzug aufs neue Boot.
13:55 Eine Wasserflasche fällt beim Umherwerfen der Rücksäcke aus der Seitentasche von unserem. Aber endlich fahren wir los!
14:02 Alle drehen sich panisch um, der Motor sah gar nicht gut aus. Bitte nicht schon wieder!
Wasser rauf gekippt und weiter geht's. Aufatmen.
15:30 Wir kommen immer noch gut voran. Kleine floating villages. Einige Bilder gemacht. Sonne strahlt. Soeren schält für uns ne Mango.. Und lässt sie in den Fluss fallen.
Erst unsere Wasserflasche, dann die Mango. Das sind wohl unsere Opfergaben, um den Fluss milde zu stimmen.
17:34 Hälfte geschafft.
Zwischenstopp in einem Laden.
17:40 Einige gingen auf Toilette, andere holten sich was zu essen und trinken. Soeren und ich wollen zurück aufs Boot. Ich will gerade aufsteigen, aber ein Mann weist mich an, zurückzubleiben. "No, no. Wait!"
Warum lässt er mich nicht rauf? Ein anderer diskutiert und gestikuliert wild, wieder andere telefonieren. Ich denke mir nichts weiter dabei und kletter trotzdem aufs Boot. Etwa paar Minuten später kommen einige der Passagiere, aber nur, um ihre Taschen zu holen. Was passiert denn jetzt?
Wir erfahren, dass wir nun vom Boot sollen und es mit Jeeps weiter geht.
Jeeps? Wirklich?
Wir schnappen uns unsere Rücksäcke und laufen zu den Autos.
Drei Jeeps. Für 40 Leute. Die jeweils große Rucksäcke mithaben.
Klingt ausgezeichnet.
Mecker-Opa brüllt wieder rum, weil sein Koffer nicht mehr aufzufinden ist. Diese Fahrt hat er sich bestimmt nicht so vorgestellt!
17:56 Wir sitzen hinten auf dem Jeep, teilen uns den Platz mit 8 weiteren Leuten und dem Gepäck. Zwei saßen vorne beim Fahrer. Das restliche Gepäck (darunter auch Soerens Rucksack) zusammengeschnürt und -gequetscht auf dem Fahrerhaus. An sich noch ganz gut, auf dem Jeep neben uns sind mindestens 17 Leute mit jeweiligem Gepäck.
Wie lang dürfen wir jetzt so verharren? Zwei Stunden, so sagt man uns. Wir rechnen vorsichtig schon mal mit drei Stunden.
18:15 Kaum geht es los, wird uns schnell deutlich, was für eine hügelige und anstrengende Fahrt uns bevorsteht. Wir haben Probleme, uns richtig festzuhalten. Die Bank, auf der wir sitzen, schneidet sich in unsere Oberschenkel. Ich habe immer noch Bedenken, dass das Gepäck nicht richtig befestigt wurde und mir voll ins Gesicht fallen könnte.
Es wird schnell dunkel, die Sonne ging bereits unter, bevor wir überhaupt losgefahren sind.
Wir hüpfen über Loch und Stein, aneinander gequetscht wie Heringe in der Büchse! (Wir fragen uns, wie der Mecker-Opa diese Fahrt wohl durchhält.)
Dauernd müssen wir uns ducken, weil Peitschende Weiden [hehe] ihre Schläge austeilen. Unsere Rücken und Köpfe haben das meiste abbekommen, aber besonders schlimm hat es Soerens Hand und meine Stirn getroffen.
Unser Fahrer aber tut alles, was er kann. Er fährt wirklich super, hupt immer, damit wir uns vor den Ästen ducken können.
19:15 Wir schließen zu den anderen Jeeps auf, die stehen geblieben sind.
Die Ursache ist schnell gefunden, der Vorderste hat ein Leck, was genau er verliert, können wir in der Dunkelheit jedoch nicht ausmachen.
Unser merklich angetrunkener Beifahrer wirft uns ein paar Melonen vom Feld zu. Staub und eingeschränkte Bewegungsmöglichkeiten schließen einen Verzehr jedoch aus. Trotzdem nette Geste.
19:29 Der funktionierende Jeep fährt weiter, während wir ein Stahlseil befestigen, um Starthilfe zu geben.
19:31 Das Seil reißt.
19:36 Das Seil reißt erneut, der Motor ist jedoch angesprungen, die Fahrt geht weiter.
19:56 Der andere Jeep steht erneut und auch mit mehreren Versuchen ist der Motor nicht mehr an zu bekommen.
20:06 Wir ziehen nun den zweiten Jeep, kommen jedoch kaum voran, weil das Seil alle paar Meter reißt.
20:30 Da die Bremsen auch nicht mehr funktionieren, fährt uns der zweite Jeep bei einer Bergabfahrt fast auf, die Ladefläche ist jedoch voll mit Menschen und nur ein Rumreißen des Wagens in einen Busch verhindert schlimmeres.
Die ältere Dame neben Melly bittet mittlerweile Gott um Hilfe ("Mon dieu, mon dieu. Oh mon dieu").
20:39 Auf dem kaputten Jeep macht sich Panik breit, eine Bergaufpassage steht an. Reißt das Seil dort, rast der Jeep mit der vollen Ladefläche voran wieder hinab.
21:05 Das Seil reißt wieder, uns kommen diesmal jedoch Scheinwerfer entgegen. Ein Traktor, viel mehr ein Motor an zwei Rädern befestigt schiebt sich langsam in unsere Richtung.
21:08 Mit Hilfe einer leeren Plastikflasche wird Sprit von dem Traktor in den Jeep gefüllt. Wir ziehen ihn ein letztes Mal an bis der Motor startet und fahren los.
21:27 Eine Straße! Eine richtige Straße!
21:42 Wir sind in Battambang angekommen. Von den anderen Jeeps fehlt aber jeder Spur.
Zum Glück sind wir auf dem Jeep mit unserem Gepäck eingestiegen. Tuk-Tuk Fahrer wuseln vor dem Jeep und versuchen, Deals auszumachen. Mittlerweile ist uns fast alles recht. Schließlich lassen wir uns in ein Hotel bringen.
22:03 Das Hotel ist super! Aber auch nach einer Dusche hat man das Gefühl, überall Staub zu haben. Melly nimmt kurzerhand eine zweite. Alles Helle, was wir an hatten, ist weitesgehend ruiniert, aber wir sind glücklich endlich im Bett zu liegen.
22:47 Es klopft an der Tür?
Der Koffer eines Ehepaars, das mit uns auf dem Jeep war, wurde vertauscht. Für sie ist die Nacht wohl noch nicht zuende, wenn sie die Hotels der ganzen Stadt abklappern müssen (Wir haben sie am nächsten Tag durch Zufall getroffen, sie haben ihn wieder!)
Die Moral von der Geschichte? Wahrscheinlich eine Lektion darüber, wie weit knapp 100km Luftlinie in Kambodscha sein können.
PS: Es fährt auch ein Bus von Siem Reap nach Battambang.
3 Stunden.
$4,50.